Die antikenbegeisterte Freundin – Objekt 12 zum Internationalen Museumstag

Charlotte E. M. Vettes erster Eintrag vom 15. März 1787 (Foto: Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)
Charlotte E. M. Vettes erster Eintrag vom 15. März 1787 (Foto: Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)
Stickbild mit Ruinen von Julie Müller 1796 (Foto: Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)
Stickbild mit Ruinen von Julie Müller 1796 (Foto: Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)
Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis: Julie Müller trug sich neun Mal ein (Foto: Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)
Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis: Julie Müller trug sich neun Mal ein (Foto: Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)
Goldgeprägter Einband des Stammbuches von 1787 (Foto: Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)
Goldgeprägter Einband des Stammbuches von 1787 (Foto: Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)

Das älteste Album in unserer Sammlung ist ein Stammbuch aus dem späten 18. Jahrhundert, das – wie uns der folgende Eintrag der Besitzerin zeigt – im Jahr 1787 begonnen wurde:
„Dieses Stammbuch ist gewidmet allen guten
Freunden und Freundinnen von
Charlotta Elisabeth Maria Vette,
Alten Schwerin den 15ten Märtz 1787“

Es ist gleichzeitig eines der umfangreichsten mit mehr als 250 Eintragungen, von denen wir heute einen besonderen vorstellen möchten. Auf der linken Seite des aufgeschlagenen Buches ist ein gesticktes Bild auf weißem Seidenstoff zu sehen. Es zeigt in einer angedeuteten Landschaft auf grüner Wiese mit zwei großen Tannen oder Pinien mehrere ruinöse Gebäude. Ist es ein romantisierendes Idealbild oder eine reale Darstellung?
Durch die Entdeckung der durch den Vulkanausbruch 79 n.Chr. zerstörten Städte Pompeji und Herculaneum bei Neapel um 1730 entstand eine Begeisterung für die Antike, die sich auch in der veränderten Gestaltung von Park- und Schlossanlagen widerspiegelte. Man errichtete Wasserfälle, Brücken und Grotten, aber auch Burgen, Türme oder Tempel als Ruinen. Die Begeisterung für die Antike griff um sich, auch im bildungsbegeisterten Bürgertum. Und daher scheint so eine idealisierte Landschaft mit antiken Ruinen von Charlottes Freundin Julie Müller mit feinen Fäden in Plattstich gestickt worden zu sein. Auch durch den Spruch weist Julie Müller auf die Antike hin:
„Spinne lange o Parce! Denn es ist meine Freundin.“
Mit der „Parce“ ist Nona, eine der römischen Schicksalsgöttinnen gemeint, denn diese spann den Lebensfaden und sollte dies möglichst lange für Charlotte Vette tun, bevor der Faden durch Morta, einer weiteren Parce, durchtrennt würde. Leider ist der restliche Widmungsspruch schlecht erhalten:
"Nimm sie, meine Theuerste, Die …. der nächsten Liebe gedeihen De…
Deine Julie Müller
Waaren Den 8ten October 1796"

In einem Internetportal zur Ahnenforschung finden sich Angaben zur Besitzerin unseres Albums: Charlotte Elisabeth Maria Vette wurde 1765 in Alt Schwerin bei Malchow geboren, heiratete 1790 Herrmann Friedrich Susemihl aus Waren an der Müritz, mit dem sie vier Söhne und eine Tochter hatte. Sie lebte bis 1852 in Waren an der Müritz. Mit Julie Müller muss sie eng befreundet gewesen sein, denn im Inhaltsverzeichnis am Ende des Stammbuchs sind neun Einträge von Julie Müller verzeichnet: auf den Seiten 127 – 130, 137, 138, 221 (dieser hier) und auf Seite 254, mehr als von allen anderen. Auch Charlottes Ehemann durfte sich eintragen, aber nur einmal auf Seite 225.