Luise Herzogin zu Mecklenburg-Strelitz gilt heute noch als „Königin der Herzen“ in der ansonsten eher männlich dominierten Preußenmonarchie. Noch siebzehnjährig heiratete sie den preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm (III.) und wurde drei Jahre später preußische Königin an seiner Seite. Ihre jugendliche Schönheit und ihre ungezwungene Art begeisterten die Untertanen von Anfang an, ihr modischer Stil wurde vielfach kopiert. Heute dürfte eines der bekanntesten Darstellungen Luises die von Gottfried von Schadow geschaffene „Prinzessinnengruppe“ sein, die sie zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Friederike zeigt. Beide sind in der Mode ihrer Zeit, dem Empire dargestellt, fließende Stoffe und ein tiefes Dekolleté betonen die schlanken Gestalten. Als sie Königin wurde und ihre Schwester nach dem frühen Tod des Gatten in einen Skandal verwickelt war, verschwand das Standbild lange. Luise mauserte sich zur Landesmutter, gebar selber zehn Kinder und geriet im Strudel der Napoleonischen Kriege selber in eine politische Rolle. Sie sollte den Kaiser der Franzosen 1807 überzeugen, die Bedingungen eines Friedensvertrages nicht zu hart für Preußen zu stellen, was nicht gelang. Nur drei Jahre später starb sie, 34-jährig, an den Folgen einer Lungenentzündung.
Die Büste in der Sammlung der Wredowschen Zeichenschule ist klar der berühmten „Prinzessinengruppe“ von Schadow nachempfunden: das junge, klarblickende Gesicht mit dem berühmten Accessoire, dem locker um Kopf und Hals geschlungenen Tuch ist dem Vorbild sehr nahe. Aber anders als das Vorbild mit dem tiefen Dekolleté ist in unserem Beispiel das Dekolleté von einer Art spitzenbesetzten Bluse und einem Umhang bedeckt. Die Gießerei Gebrüder Michaeli hatte die Büste im späteren 19. Jahrhundert hergestellt, als die Frauen wieder enge Korsetts und ausladende Kleidung trugen. Luises jüngerer Sohn Wilhelm I. war deutscher Kaiser, der seine Mutter sehr verehrte. Die Darstellung aus Gips kopiert mit Gesicht und Hals sehr wohl das berühmte Vorbild, aber das Dekolleté ist hier züchtig mit Spitzenbluse und Schultertuch dem späten 19. Jahrhundert angepasst. Luise blieb zwar ewig jung, wurde aber nicht mehr als modisches Vorbild, sondern als aufopfernde Mutter dargestellt. So wurde auch die Kleidung „mütterlich“ angepasst.