Virtueller Rundgang 29 – Das „Volkshaus“ als Ort mit Geschichte(n)

Das "Kinematographische Theater" vor dem 1. Weltkrieg (Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)
Das „Kinematographische Theater“ vor dem 1. Weltkrieg (Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)
Restaurant "Volkshaus" mit „Kinematographischen Theater“ in den 1920er Jahren (Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)
Restaurant „Volkshaus“ mit „Kinematographischen Theater“ in den 1920er Jahren (Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)
Jugendclubhaus "Philipp Müller" in den frühen 1970er Jahren (Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)
Jugendclubhaus „Philipp Müller“ in den frühen 1970er Jahren (Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)

Auf unserem virtuellen Rundgang verlassen wir heute das Stadtmuseum. In der Neustadt ist das Haus in der Steinstraße 42 als Ort für Tanz- und Unterhaltungsveranstaltungen gut bekannt. Diese Tradition reicht weit zurück. Schon ab 1835 fanden hier Bälle, Konzerte und Theateraufführung statt. Damals war das Gebäude unter dem Namen „Stadtpark“ oder „Gemsches Lokal“ bekannt. Hier gab es neben den bis heute bestehenden Räumen, auch einen Gesellschaftsgarten mit Platz für 3000 Menschen.
Aber hier fand auch politische Geschichte statt: Als 1848 zum ersten Mal eine Revolution für einen demokratischen deutschen Staat ihren Lauf nahm, versammelte sich hier am 11. Februar die erste öffentliche Stadtverordnetenversammlung. Der damalige Oberbürgermeister Franz Ziegler veranlasste dies im Geist der Rechenschaftspflicht gegenüber der Stadtbevölkerung. In seiner Rede sprach er über die Möglichkeiten einer Demokratisierung der Kommunalpolitik.
1906 eröffnete im Haus in der Steinstraße das erste Kino der Havelstadt, bereits 1910 wechselten die Besitzer. Die Gewerkschaften kauften mit Unterstützung der SPD das Haus und machten es unter dem Namen „Volkshaus“ zum Treffpunkt der Arbeiter*innen. In den frühen Jahren der Weimarer Republik wurde dieses dann in kurzer Abfolge zum Schauplatz der Geschichte. Am 9. November 1918 gründete sich hier an dieser Stelle der Arbeiter- und Soldatenrat der Stadt Brandenburg. Während des Kapp-Putsches im März 1920 waren die Räume die Schaltzentale des Aktionsausschusses der Gewerkschaften und Parteien zur Rettung der Demokratie.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde das Haus enteignet und bis 1940 von der SA und SS genutzt, dann verkauft. Mit den neuen Eigentümern kam ein neuer Name: „Märkisches Haus“. Nach 1945 wurde das Gebäude u.a. als Tagungsort für politische Versammlungen genutzt: so vereinigten sich am 24. März 1946 die Brandenburger KPD und SPD zur SED.
Am 6. Oktober 1952 zogen wieder neue Bewohner ein, als man als ersten Jugendklub der DDR das „Jugendklubhaus Philipp Müller“ eingeweihte. Namenspate war der Gegner der westdeutschen Wiederbewaffnung Philipp Müller, der kurz zuvor auf einer Demonstration in Essen erschossen worden war. Bis 1989 blieb es FDJ-Clubhaus für Brandenburger Jugendliche. Heute ist es wieder ein Veranstaltungsort in unserer Stadt.